Buntekuh
Buntekuh ist einer der äußeren Stadtteile Lübecks. Der Name geht nicht zurück auf das Schiff "Bunte Kuh", das den Angriff gegen Klaus Störtebeker führte. Vielmehr gab es auf dem Gebiet einen um 1680 abgetrennten Hof Buntekuh. Diesen Namen führte ein an dieser Stelle gelegener Krug, der 1964 an die Neue Heimat verkauft wurde. Der Stadtteil hat keine Stadtbezirke.
Lage (zur Karte springen)
Der Stadtteil wird begrenzt durch die Bundesautobahn 1 im Nordwesten, die Trave im Süden und die Bahnlinie nach Hamburg im Osten. Im Stadtteil liegen westlich des Padelügger Weges das Gewerbegebiet Herrenholz und östlich des Paddelügger Weges das Gewerbegebiet Padelügge-/Grapengießerstraße. Zum Stadtteil gehören auch der Stadtforst Herrenholz und das Wäldchen Lustholz.
Wirtschaft
Am Gewerbegebiet Herrenholz kristallisieren in Lübeck die bundesweiten Auseinandersetzungen um städtebauliche Konzepte und zwischen den Einzelhändlern des Innenstadtzentrums und den Gewerbetreibenden des Gebiets. Herrenholz ist Lübecks "Grüne Wiese", deren Einkaufszentren (Plaza, CITTI) dem Zentrum einerseits Kaufkraft und gewerbliche Mieter entziehen, die andererseits aber auch Einkaufsmöglichkeiten und erschwingliche Gewerbeflächen in hinreichender Größe und verkehrsgerechter Anbindung in Lübeck und nicht etwa im benachbarten Reinfeld bietet. Die Stadt hat den Konflikt durch ein so genanntes "Einzelhandelskonzept" zu lösen versucht, das sich insbesondere im Bebauungsplan niederschlägt und die Ansiedlung von so genanntem "zentrenrelevanten Einzelhandel" im Gewerbegebiet verbietet. Als größter Supermarkt Skandinaviens in günstiger Autobahnlage an der Hauptverkehrsachse nach Nordeuropa (Vogelfluglinie und Skandinavienkai) trägt das Einkaufszentrum in Herrenholz jedoch auf Grund veränderter Einkaufsgewohnheiten maßgeblich dazu bei, überregionale Kaufkraft an die Stadt Lübeck zu binden.
Mitte der 1980er Jahre errichteten die Lübecker Nachrichten am Herrenholz ein neues Druckhaus, das 1986 fertig gestellt war. In einem zweiten Bauabschnitt wurde ab 1989 ein Verwaltungsgebäude errichtet, das 1991 bezogen wurde. Darin befindet sich auch die Redaktion mit Ausnahme der Lokalredaktionen. Damit verlegte der Verlag seinen Sitz von der Königstraße auf der Altstadtinsel nach Buntekuh.
Geschichte
An der damals noch zu Moisling gehörenden Heimstättenstraße errichtete kurz nach ihrer Gründung 1910 die Heimstätten Lübeck GmbH zwischen 1910 und 1914 auf Anregung des Senators Kalkbrenner nach Plänen des Stadtbauinspektors Carl Mühlenpfordt eine erste Siedlung mit 62 Einfamilienhäusern als Eigenheime für "Minderbemittelte".
Hinter der Ziegelei befand sich in der Zeit des Nationalsozialismus ein Lager für ausländische Zwangsarbeiter.
Einen zweiten Entwicklungsschub nach den Bauten des frühen 20. Jahrhunderts erhielt die Siedlung in den 1960er und 1970er Jahren. In dieser Zeit wuchs die Bevölkerung von rund 2.300 Einwohnern auf gut 13.000. Mit dem Bau der Siedlung Buntekuh wurde ein modernes städtebauliches Konzept mit großer Konsequenz umgesetzt. Das planerische Ideal folgte deutlich der "Charta von Athen", aber bezogen auf den Stadtteil (und nicht die Stadt insgesamt). In einer "gegliederten und aufgelockerten Stadt&" mit "Licht, Luft und Sonne" wurde eine "funktionelle Zonenteilung" angestrebt, das heißt dass den vier Grundfunktionen der Stadt (Wohnen, Arbeiten, sich erholen, sich bewegen) je einzelne Zonen zugeordnet werden. Im Zentrum des Stadtteils wurden kulturelle Einrichtungen (Schule und Kirche) und Möglichkeiten zum Einkaufen (Einkaufszentrum Buntekuh) geschaffen. Um das Zentrum herum, deutlich getrennt und frei von Gewerbe oder Erholungsmöglichkeiten die Zone des Wohnens. Unterschiedliche Gebäudetypen (eingeschossige Kettenhäuser, zweigeschossige Reihenhäuser, viergeschossige Zeilenbauten und Wohnhochhäuser) sollten Wohnraum für unterschiedliche Bedürfnisse und Möglichkeiten bieten. Die übliche Zeilenbebauung wurde insofern modifiziert, als die viergeschossigen Zeilenbauten geschwungen ("zackig") gebaut wurden. Sechs Wohnhochhäuser, unter anderem am Pinassenweg (9 Stockwerke) 1970 an den Eingängen und im Zentrum der Siedlung (Karavellenstraße) sollten an exponierten Stellen städtebauliche Dominanten setzen. Am Rand des Stadtteils und ebenfalls deutlich voneinander getrennt, Zonen des Gewerbes (Gewerbegebiete Herrenholz und Paddelügger Weg) und der Erholung (Sportstätten). Die einzelnen Funktionsgebiete wurden durch weitläufige Grüngürtel gegliedert und durch großzügige Verkehrsachsen verbunden. Breite Straßen und eine Vielzahl von privaten Stellplätzen folgten dem Ideal der autogerechten Stadt. Auch ein teilweise gesondertes und straßenunabhängig geführtes Fuß- und Radwegenetz folgt den Forderungen der Charta.
Die Konzeption, die durch ihren Gestaltungwillen und die aufgewendete Kraft zur Lösung von sozialen Problemen durchaus beeindruckt, ist wie an vielen vergleichbaren Stellen in Westdeutschland letztlich gescheitert oder bedarf wenigstens erheblicher Korrektur. Sie bietet individueller Gestaltung zu wenig Spielraum und macht in strenger Funktionalität zu wenig Sinnangebote. Wo die individuelle Gestaltung möglich ist, zum Beispiel bei den Haustüren und -fassaden von Reihenhäusern, wirkt sie in dem von der Konzeption gebotenen Rahmen schnell grotesk und deplatziert. Gemeinschaftseinrichtungen und -flächen verbinden so große Gruppen, dass individuelle Verantwortung (selbst für mamor-verkleidete Treppenhäuser im Hudekamp) nicht empfunden wird und auch kaum möglich ist. Die Defizite haben eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, in deren Ergebnis sich in der zuerst hochgelobten Siedlung spätestens in den 1980er Jahren soziale Brennpunkte der Stadt (Pinassenweg) mit hoher Arbeitslosigkeit, hohem Ausländeranteil (in den Hochhäusern bis zu 60 %) und Kriminalität entwickelten.
Seit dem Verkauf der Neuen Heimat, der ursprünglich der größte Teil der Siedlung gehörte, hat sich die Eigentümerstruktur diversifiziert. 25 % der Wohnungen stehen im Einzeleigentum, die restlichen 75 % gehören 10 Eigentümern. Die städtische Grundstücksgesellschaft "Trave" übernahm die beiden Hochhäuser an der Karavellenstraße und am Pinassenweg nur widerwillig.
In den Brennpunkten verengen hohe Leerstände (bis zu 20 %), der Sanierungsaufwand für die inzwischen gealterten Gebäude und zur Beseitigung von Schäden aus Sachbeschädigungen die wirtschaftlichen Möglichkeiten zur Lösung der Probleme aus eigener Kraft. Ab Mitte der 1990er Jahre haben deshalb Stadt und Possehl-Stiftung, Land und Bund erhebliche Mittel in die Sanierung des Gebietes investiert und jedenfalls Teilerfolge erzielt, die sich nicht auf den Abriss des Hochhauses am Pinassenweg 2005 beschränken und die mehr Aufmerksamkeit verdienen.
Ähnliches gilt für den kleineren Gebäudekomplex am Hudekamp (4 Hochhäuser mit bis zu 16 Stockwerken), die 1973 unmittelbar neben der Heimstätten-Siedlung entstanden.
Das Wohngebiet Buntekuh wurde 2006 in das Förderprogramm Soziale Stadt aufgenommen.
Quellle: Wikipedia